Anfang 2013 holt Marlene, Frankfurter Eventmanagerin, mit ihrem Unternehmen KULTpour die Nachhaltigkeitsmesse Heldenmarkt nach Frankfurt. Schnell wird klar: Das Potenzial lokaler Unternehmen, Initiativen und Produkte für mehr Nachhaltigkeit im Alltag ist riesig.
Doch warum wissen so wenige Menschen davon? Wissen die Organisationen selbst, dass sie mit ihrem Handeln und Wirtschaften zu nachhaltiger Entwicklung beitragen? Wissen sie, was sie bewirken, indem sie Kund:innen zu nachhaltigem Konsum inspirieren?
Aus diesen Fragen entsteht kurz nach der Messe 2013 das Netzwerk „Lust auf besser leben in Frankfurt“ (Labl.Frankfurt). 2014 entwickeln sich aus der Gruppe heraus regelmäßige Dialogveranstaltungen für Bürger, Vereine und Betriebe. Lange Zeit steht eine App ergänzend im Mittelpunkt, um über nachhaltiges Leben in Frankfurt zu informieren.
Anders gründen?
Um die Idee zu einem Geschäftsmodell zu entwickeln, zieht Marlene mit ihrem kleinen Team Ivonne und Markus ins Social Impact Lab ein. Sie feilt mithilfe des Programms „AndersGründer“ für Sozialunternehmen und bis heute wichtigen Mentoren wie Joerg Weber an ihrer Idee.
Nach ein paar Monaten wird sie als Inhaberin von KULTpour ehrenamtliche Vizepräsidentin der IHK Frankfurt am Main, um dort das Thema Nachhaltigkeit auch in konservativeren Kreisen zu verankern. Sie spricht mit der Politik, bewegt sich in der Welt etablierter Unternehmen als damals 24-Jährige – sie ist überzeugt, dass Dialoge „zwischen den Welten“ gebraucht werden. Schluss mit alter Frontenbildung zwischen „Ökofundis“ und „Neoliberalen“.
Das Nachhaltigkeitsnetzwerk wird ergänzt um lokale Quartiersprojekte. Denn die Erfahrung zeigt, dass eine nachhaltige Entwicklung auch den alltäglichen Sozialraum braucht. Die App für Verbraucher wird zum gut funktionierenden Webguide umgebaut – denn eine App macht mehr Arbeit als sie bewirkt.
Der Weg von Produktentwicklung, Fundraising, Gründung der gGmbH und Teamkonflikten durch unharmonische Zukunftsvorstellungen ist spannend und hart, permanente Veränderungen durchrütteln die Anfang 2015 gegründete „Lust auf besser leben gGmbH“.
Durch einen funktionierenden Wirtschaftsbetrieb soll zukünftig die gemeinnützige Arbeit finanziert werden – um zu zeigen, dass Unternehmertum fernab von Profitmaximierung als Selbstzweck funktioniert. Doch auch, um eine neue Art von gemeinnützigem Wirtschaften zu fördern, unabhängiger von oft schlecht konzipierten Förderprogrammen.
Good Growth für die Lust auf besser leben gGmbH?
Das ambitionierte Team, die Idee, der Elan wird mit Gründung der gGmbH sukzessive zum schweren Tanker. Die Bürokratie für eine gewöhnte Einzelunternehmerin belastend. Mitarbeiter wechseln, die erste Partnerin Barbara steigt in das Sozialunternehmen ein. Nach einiger Zeit lernt Marlene die selbstständige Nachhaltigkeitsberaterin Alexandra kennen, die sich mit „Good Growth“ einen Namen gemacht hat. Marlene ist sofort klar, dass diese Frau, die mit ihrer Kompetenz, Charisma und wilden Locken auffällt, das Angebot um einen fehlenden Baustein ergänzt. 2016 steigt auch sie als Partnerin ein.
Kurz darauf geht Marlenes Vater Jürgen in Rente und fängt an, in der Firma seiner Tochter mitzuarbeiten. Frederike stößt zum Team dazu, eine engagierte studentische Beraterin, die das Team mit ihrer entspannten und unerschrockenen Art bereichert.
Mit heterogenen Stärken und Kompetenzen, frischer Perspektive und neuem Standort in der Bürogemeinschaft Löwengasse 18 im schönen Bornheim entstehen erfolgreiche neue Projekte – Gespräche vor dem Ladenbüro auf dem Treppenabsatz mit der ‚Bernemer‘ Nachbarschaft werden die besten Anregungen für neue Konzepte aus dem wahren Leben 🙂
Ende 2017 folgt eine große Veränderung. Barbara steigt aus „Lust auf besser leben“ aus. Alexandra und Marlene gehen in Klausur – in „Fire Starter Sessions“ wie sie es nennen – und besinnen sich darauf, wofür sie brennen. Ein klares neues Angebotsportfolio entsteht und auch das Selbstverständnis ändert sich.
Als gemeinnütziges Unternehmen steht weiterhin die nachhaltige Entwicklung der 87 % unserer Wirtschaft (also der Kleinst- und Kleinbetriebe) im Mittelpunkt. Zu diesem Zweck fördert Lust auf besser leben das regionale „Nachhaltigkeitsbotschafter“ Netzwerk. Doch auch Beteiligungsprozesse und gesellschaftspolitische Arbeit bekommen einen größeren Stellenwert.
Mit Leichtigkeit und Lust auf besser leben
Denn nachhaltige Entwicklung als kultureller Prozess braucht die Beteiligung unterschiedlicher Perspektiven, welche die Gegenwart widerspiegeln und damit die Ausgangsbasis für unsere Zukunft darstellen. An einigen Stellen müssen jedoch auch Rahmenbedingungen verändert werden. Mehr und mehr taucht das Bild eines Sandwiches auf – und „Lust auf besser leben“ arbeitetet von der Mitte aus auf politischer und Nachbarschaftsebene.
Das Netzwerk wächst. Das kleine Team entwickelt sukzessive seine eigene DNA. Eine Unternehmenskultur, die die ursprüngliche Leichtigkeit und das mutige Andersdenken von „Lust auf besser leben“ wieder an oberste Stelle setzt.
Ende 2018: Der bürokratische gGmbH-Tiger ist endlich gebändigt und wir voll mit Tatendrang und spannenden Projekten.
Dann kommt 2019 Jaya ins Team, die mit ihrer Erfahrung im NGO-Bereich wertvolle Kompetenzen einbringt. Ein Jahr später dann folgen tolle Neuigkeiten: Marlene und Jaya sind zeitgleich schwanger. Wie also gehen wir als junges Unternehmen damit um? Sehr agil. Mitten in der Pandemie stoßen Ankathrin, Eva und Gesina als tatkräftige Unterstützerinnen und Bürohund Bailey als flauschige Erfrischung zum Team, so dass die Schwangeren erstmal beruhigt in Elternzeit gehen können. Trotz Corona wächst das Interesse am Thema Nachhaltigkeit, so dass wir uns über viele neue Projekte und Kund:innen freuen.
Nach wenigen Monaten Babypause kommen Marlene und Jaya zurück und zeigen gemeinsam mit den anderen Müttern, wie Beruf und Familie vereinbar sind, sprechen offen über Herausforderungen und testen verschiedene Arbeitsmodelle.
Mittlerweile sind wir mit FÖJler:innen und tollen Kolleg:innen zu zehnt – und sitzen in der Innenstadt in neuen Räumlichkeiten, in denen wir unserer Kreativität freien Lauf lassen können, nah an den Kund:innen sind und vor allem gut erreichbar mit Rad und ÖPNV.
So bleibt uns noch zu sagen:
„Wir sind gespannt, wie die Geschichte weitergeht und versprechen Ihnen: Wir nehmen unsere Verantwortung für Nachhaltigkeit ernst und leicht zugleich – denn nur so schaffen wir ‚Lust auf besser leben‘!“
Ihre
Alexandra & Marlene